Wie sich eine datengetriebene Wirtschaft von klassischer Kapitalwirtschaft unterscheidet
Früher in der Kindheit, wenn man mit anderen Kindern zusammen draußen gespielt hat, mussten alle sich darüber klar sein, welches Spiel mit welchen Spielregeln gespielt werden sollte. Nur dann war es möglich gemeinsam Spaß zu haben.
Im späteren Leben hat sich dieses Prinzip weiterentwickelt, es wurde allerdings weniger transparent. Während wir früher ziemlich explizit wussten, was die Spielregeln sind, ist es in der Wirtschaft nicht mehr ganz so eindeutig. Viele Wissenschaftler haben über die Jahre Theorien und Modelle aufgestellt, um diese Mechanismen transparent zu machen. Im Idealfall sogar steuerbar. So sind ganze Berufsgruppen von Managern entstanden, die Sachen unter Kontrolle haben sollen.
Heutzutage wird nun viel über Digitalisierung und Daten geredet. Dies ist für alle eine neue Situation und man versucht diese zu verstehen, ihr Sinn zu geben. Dafür werden dann oft bewährte Maßstäbe herangezogen. Was liegt auch näher als die bewährten Modelle heranzuziehen? Man hat diese schließlich erfolgreich die letzten Jahrzehnte angewendet. Der Kapitalismus und die Managementklassiker sind solche Maßstäbe. Dabei wird leider zu oft vergessen zu fragen, ob die Rahmenbedingungen noch zu den Maßstäben passen. Leider ist dies selten der Fall.
Die Theorien und Modelle aus der Zeit des Kapitalismus sind i.d.R. für eine andere Welt gemacht worden. Denn das primäre Gut im Kapitalismus ist Kapital. Kapital nicht im Sinne von Geld, sondern im Sinne von Sachanlagen (z.B. Maschinen, Rohstoffen, Land). Diese haben aber Eigenschaften, die in der Digitalisierung nicht mehr so zutreffen. Bei einer Eisenerzmine ist sehr klar, wem diese gehört. Wenn man diese also verkauft gibt es keine Fragen, wem sie gerade gehört. Auch gibt es keine Unklarheit darüber, wer das Eisenerz ausbeuten darf, mal abgesehen von „bösen“ Personen, die sich einfach bedienen, was i.d.R. selten ist, da der Eigentümer die Mine gut schützen und den Zugang strikt regulieren kann. Damit kann man ein physisches Gut auch wirklich besitzen. Nur so wurde Handel eigentlich möglich, denn man konnte Güter von A nach B verkaufen. Damit war „Eigentum“ der Grundpfeiler des Wirtschaftens. Deshalb haben sich unsere Staaten auch so lange so viel Mühe gegeben das Eigentum zu regeln und Schutz für Eigentum aufzustellen.
Damit war es eine sehr erfolgsversprechende Strategie, Sachen zu besitzen, am besten der einzige zu sein, der Zugriff auf etwas hat. Damit konnte man dann tolle Gewinne erzielen (In der Fachsprache spricht man dann vom „Resource based view“). Patente waren dafür das Mittel der Wahl, wenn es um Erfindungen und geistiges KnowHow ging. Schon schwerer zu schützen als harte physische Sachen, wie z.B. eine Erzmine. Hier merken wir aber schon länger, dass es kein echter Schutz ist, sondern ein Schutz der darauf beruht, dass alle daran glauben.
Auf der anderen Seite, in der Digitalisierung, ist dies nicht mehr so einfach, denn Daten/Informationen sind schwer zugreifen und zu halten. Wirkliches Eigentum an einem Datum gibt es nicht, denn Stand heute können Sie ein Bit zweimal verkaufen, ohne dass man merkt, dass sie es zweimal verkauft haben und, ohne dass einer der Käufer merkt, dass er nicht das Original hat. Denn welches ist das Original? Beide haben die gleiche Qualität und die gleichen Eigenschaften.
Daher sollten wir uns fragen, wie die Spielregeln in der Digitalisierung sind. Oder vielleicht sogar, ob wir noch das gleiche Spiel spielen? Ich denke, wir haben das Spiel gewechselt und damit haben sich auch die Spielregeln geändert. Um in einer digitalen Welt erfolgreich zu sein, sollten wir versuchen, diese Spielregeln zu verstehen und dann transparent zu machen. Dabei hilft es nicht das Neue zu verdammen oder mit alten Werkzeugen zu versuchen die entstehenden Probleme zu lösen.
Oft wird davon geredet, dass „Daten das neue Gold sind“. Wer sie besitzt, wird das große Geld machen. Dies setzt allerdings voraus, dass man Daten wirklich besitzen kann, ähnlich der Erzmine. Dies ist ein schönes Beispiel, wie Spielregeln der Vergangenheit auf die Gegenwart angewendet werden, dabei aber vergessen wird, dass sich das Spiel geändert hat. Die falsche Schlussfolgerung ist dann, dass man Daten nicht teilt, sondern sie irgendwo hortet.
Das Wall Street Journal hat es in einem Leitartikel gut erkannt, es sind nicht die Daten, sondern die Modelle / Algorithmen die genutzt werden, um aus den Daten etwas mehrwertlieferndes zu machen.
Bereits heute ertrinken wir in Daten, da jeden Tag eine unendliche Menge an Daten produziert wird. Aber sind wir mittlerweile allwissend? Die schiere Menge an Daten kann also nicht der Schlüssel zum Erfolg sein.
Jetzt mag man einwenden, dass mit den ganzen Entwicklungen im Bereich der KI bald auch die Algorithmen wertlos sind, da wir als Menschen diese nicht mehr kennen, sondern der Computer diese selbst erstellt hat. Ja, daher ist es ja umso wichtiger, dass man „seine“ KI trainiert und somit den Algorithmus hat. KI ist nie wirklich intelligent, sondern einfach nur sehr schnell und effizient in der Berechnung. Es wird in der nahen Zukunft immer besser funktionieren, wenn man Expertenwissen vorher rein gibt. Dieses Expertenwissen haben aber heute nur die Leute, die wirklich mit etwas arbeiten. Also der Hersteller einer Maschine oder der Experte für einen Produktionsschritt.
In einer datengetriebenen Welt ist nicht das „Horten“, sondern das Teilen unter klaren Regeln erfolgsversprechend. Die sogenannten Erfolgsmodelle, wie u.a. Facebook und Google sind auf einem sandigen Untergrund gebaut. Sie beruhen auf dem Glauben, dass Individuen bereit sind sich gläsern zu machen und jegliche Kontrolle abgeben. Allerdings realisieren immer mehr Menschen, dass sie bzw. ihre Daten monetarisiert werden, ohne dass sie wirklich die Kontrolle darüber haben. Es ist also etwas mit begrenztem Potential, da klare, faire Regeln fehlen.
Wenn man dies im Hinterkopf behält, muss man sich fragen, wie man künftig erfolgreich wirtschaftet. Ich meinen Augen haben sich also nicht nur die Spielregeln, sondern auch das Spiel geändert! Wir sollten daher ablassen von den bewährten Werkzeugen und uns dem neuen Spiel widmen. Lassen sie uns Meister des neuen werden und nicht versuchen, zwanghaft das neue Spiel mit alten Spielregeln zu spielen.